Kirschblüten an Weihnachten sollen Glück bringen. Foto: LWL-Archiv/Theo Klein-Happe |
Am Barbaratag Zweige schneiden
Gewöhnlich handelt es sich bei den Barbarazweigen um Zweige des Kirschbaums, aber das wird in Westfalen nicht so eng gesehen: In den Berichten der Volkskundlichen Kommission beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) ist auch von Forsythien, Pflaume, Apfel, Weißdorn, Birne, Kastanie, Mandel oder Pfirsich die Rede. "Einer alten Tradition zufolge werden die Zweige am 4. Dezember, dem Barbaratag, abgeschnitten und in einem beheizten Raum in eine Vase gestellt, in der Hoffnung, dass sie an Weihnachten blühen", so die LWL-Kulturwissenschaftlerin Evelyn Hammes.
Vor allem Kinder waren gespannt, wie sich ihre Äste entwickelten, denn die blühenden Zweige galten als Glücks- und Ernteorakel, wie der Bericht aus dem Jahr 1959 eines Zeitzeugen aus Sundern (Sauerland) zeigt: "Kurz vor Weihnachten besuchten wir uns schon gegenseitig, um festzustellen, wessen Knospen am ersten aufsprangen, denn dieser hatte auch wie wir damals glaubten im neuen Jahr das meiste Glück. Trugen die aufgesprungenen Knospen reichlich Blüten, so deutete das, wie meine Eltern sagten, die auch sehr an dieser unserer Spielerei interessiert waren auf ein gutes Obstjahr und vor allen Dingen eine schöne Blütezeit."
Aus dem Kreis Paderborn und aus Dortmund liegen Quellen vor, die auf eine romantischere Art der Vorhersage abzielen. Hier galten die Barbarazweige als Liebesorakel: "Barbarazweige im Hause bringen Glück, sagt der Volksmund. Den jungen Mädchen sollen sie bedeuten, daß sie im kommenden Jahr den Gefährten fürs Leben finden!"
Denkmal der heiligen Barbara in Hörstel-Bevergern im Kreis Steinfurt. Foto: LWL-Archiv/Erich Brune |
Doch auch vor 50 Jahren verband nicht jeder mit den Barbarazweigen eine besondere (prophetische) Bedeutung. Viele freuten sich einfach nur darüber, an Weihnachten etwas Blühendes auf dem Tisch stehen zu haben. Übrigens gelingt es nicht immer, die Zweige rechtzeitig zum Blühen zu bringen. So sollen vor allem Forsythien oftmals vorher aufbrechen, während Kirschen und Apfel manchmal gar nicht blühen, sondern nur Blätter austreiben.
Hintergrund
Historisch gesichert ist die Existenz der Heiligen Barbara nicht. Der Legende nach wurde sie im 3. Jahrhundert in Nikomedien im nördlichen Kleinasien (heutige Türkei) geboren und bekannte sich gegen den Willen ihres Vaters als junge Frau zum Christentum. Zur Strafe wurde sie in einem Turm gefangen gehalten und schließlich von ihrem Vater enthauptet. Die Legende ist in verschiedenen Versionen überliefert und mit vielen, teilweise grausamen Details versehen.
"Als eine der populärsten Heiligen in Deutschland war die heilige Barbara aufgrund ihrer Legende vor allem für Bergleute und Artilleristen, die sich von einem plötzlichen Tod bedroht sahen, von besonderer Bedeutung", so Evelyn Hammes. "Noch heute bitten viele Katholiken die heilige Barbara um eine gute Sterbestunde."
Knappenvereine und Bergwerksgesellschaften veranstalteten Barbarafeiern und Bergmannsgottesdienste, manche katholischen Bergarbeiter begannen am 4. Dezember ihre Schicht mit einem Barbaragebet und der Opferung einer sogenannten Barbarakerze; auch Statuen der heiligen Barbara vor Zechen zeugen von diesem Barbarakult, der im 19. Jahrhundert durch zugewanderte Bergmänner aus dem oberschlesischen Raum nach Westfalen gebracht wurde.
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